„Sag mir wo die Mädchen sind, wo sind sie geblieben…“ fuhr es mir durch den Kopf, als ich die Statistik sah, wie viele junge Menschen in der Schweiz eine IT-Ausbildung machen. 2017 zählte das Bundesamt für Statistik 7225 Jugendliche. Davon waren 6714 Jungs und 511 Mädchen. Noch nicht einmal 10 Prozent der jungen Frauen konnten sich für eine Ausbildung als Informatikerin begeistern. Ungläubig schaute ich die anderen Berufsgattungen an und fühlte mich mit den schlimmsten Clinches konfrontiert: Junge Frauen pflegen, putzen, organisieren und erziehen. Junge Männer entwickeln, bauen, konstruieren und programmieren. Ich kann absolut verstehen, dass sich Mädchen nicht wirklich für Strassenbau und ähnliche Heavy-Metal Berufe begeistern, aber Programmieren findet doch in einer sauberen Umgebung statt.

Momentan werden die Algorithmen der Zukunft geschrieben. Das kann man vergleichen mit dem Gleisbau in den Pionierzeiten der Eisenbahn. Auf den Gleisen wurden Menschen und Waren transportiert, die einen immensen wirtschaftlichen Aufschwung auslösten. Das Gleiche gilt für Algorithmen, die jetzt geschrieben werden. Sie sind die Basis der gesamten Digitalisierung bis hin zu künstlichen Intelligenz. Werden diese digitalen Formeln aber ausschliesslich von jungen, weissen Männern geschrieben, fehlt die Diversität der Gesellschaft für die Zukunft. Mir geht es nicht darum, irgendjemand schlechte Absichten zu unterstellen, aber junge Männer, die oft autistische Züge haben, sind in der IT übervertreten und konzentrieren sich auf einen bestimmten Ausschnitt der Gesellschaft.

„Wir sollten weibliche IT-Cracks fördern“

Leider fehlt es den Mädchen an positiven Rollenmodellen, denn sie sehen nur die fahlen Jungs, die so aussehen als würden sie ausschliesslich nachts an die Sonne gehen und ansonsten kleben die Blicke an Bildschirmen und die Finger an Tastaturen. Das schreckt ab. Dabei ist programmieren oder codieren kreativ, verantwortungsvoll und unabhängig von Ort und Zeit. Und die Jobs sind gut bezahlt. Ich habe mir vorgenommen, jedem jungen Mädchen vorzuschwärmen wie toll programmieren ist. Wie cool es ist, etwas codieren zu können. Und wieviel Spass es macht, eigene Programme zu schreiben mit denen man etwas bewirken kann. Kleine Coding-Workshops können Wunder bewirken und neugierig machen. Und vielleicht die Berufsentscheidung beeinflussen. Denn der traurige Refrain des eingangs angestimmten Liedes wäre: „Wann wird man je verstehen.“ Ersparen wir uns den und fördern lieber weibliche IT-Cracks.

Riccarda Mecklenburg, Vorstand Verband Frauenunternehmen, Founder CrowdConsul.ch

Diese Kolumne ist in der Handelszeitung 7. Februar 2019 erschienen