Meine Handtasche ist ein eigenes Universum. Der Inhalt ist summa summarum schwer. Jeder Mann, der sie in die Hand nimmt, ist über das Gewicht überrascht und fragt stereotyp: „Was schleppst du alles mit Dir rum?“ Je nach Stimmungslage kontere ich mit: „Meine Autobatterie“ oder „das Leben“. Es ist das Leben, was die Handtasche immer schwerer macht. Neben Accessoires wie Rescue-Kosmetik, Pflaster, Nylon-Strumpfhosen, Kabel und Ladegeräten, Powerbank, I-Pad, allerlei Zahlungsmöglichkeiten wie Plastik und Bares kommen noch Akten, ein Notizbuch und etliche Parfums dazu. Verschiedene Schreibgeräte, Not-Süssigkeiten und noch ein paar Dinge beulen die Tasche zusätzlich aus. Und sie wird wohl nicht leichter. Denn so wie sich unser Leben entwickelt, sehe ich, dass ich mich gegen drohende Bevormundungen wappnen muss.

Zum Beispiel will der überbesorgte Bundesrat unser Essen fader machen. Zucker soll verschwinden und das oft schon geschmacklose Brot soll laut Verordnung mit weniger Salz gebacken werden. Ziel der Übung: Der Staat will uns länger am Leben erhalten. Ich frage mich zwar, warum wir mit fadem Essen noch älter werden sollen, wo man schon jetzt nicht weiss, wie man die AHV für das Heer der Alten finanzieren soll. Aber, das sind viel zu komplizierte Fragen. Bleiben wir konkret: Ich will kein fades Essen, also kommen Salz und Zucker in die Handtasche. Dann will der Staat, dass wir weniger Alkohol trinken und verteuert den Genuss. Zehn Franken für das Einerli im Restaurant. Na gut, dann mache ich es wie meine Jungs. Ich glühe vor dem Restaurantbesuch mit einem Flachmann vor. Der kommt auch in die Tasche. Dann habe ich mir das Kompendium „Korrekte Gendersprache leicht gemacht“ in die Tasche gestopft und die Bibel „Veganismus für Anfänger“ ist auch schon drin. Und ich habe etliche Zertifikate und Ablassbriefe dabei, die beweisen, wie ich meine Umweltsünden kompensiere. Jetzt bin ich bei gefühlten 12 Kilo.

So geht das nicht weiter: Kann nicht ein cleverer Programmierer eine App entwickeln, die mein Wohlverhalten permanent misst, wie meine Fitness-App mein Bewegungsmuster? Alles wird gesammelt: Gender-korrekte Sprachwahl, Zigaretten-, Zucker-, Salzkonsum und Alkohol im Blut, meine fleischlosen Verdauung und möglichst sparsames Ausatmen wegen CO2. Lebensfreude wird diese App für Puritaner und Puritanerinnen aber nie messen, aber dafür mein Wohlverhalten. Laut Hörensagen soll dieses Punktesammeln in China schon funktionieren. Nur wird das Sozialpunktesystem mal wieder staatlich missbraucht und zum Ausspionieren der eigenen Bürger benutzt. Da stellt sich nur die Frage, wann das auch bei uns der Fall sein wird. Vielleicht schleppe ich doch lieber 12 Kilo persönliche Anarchie mit mir herum und geniesse das Leben.

Riccarda Mecklenburg, Founder CrowdConsul.ch

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