Aktuell hat Basel neben dem Beizen-Lockdown noch ein weiteres, viel ernsteres Problem: Laut zwei Grossrätinnen aus dem Parteienspektrum Basta und SP, beanspruchen die Männer zu viel Redezeit im Rat. Obwohl sie nur 67 Prozent der Sitze einnehmen, reden die Männer 80 Prozent der Zeit. Mittels Vorstoss wollen die beiden Grossrätinnen alle im Ratsbetrieb sensibilisieren, genauer hinzuhören. Denn die Männer würden in der Regel bei ihren Wortmeldungen sowieso nur die bereits erwähnten Argumente des Vorredners wiederholen.
Im ersten Moment klingen solche Genderthemen nach Luxusproblemen, mimosen- und oberlehrerhaft. Im Kopfkino entstehen schon die ersten Schnitzelbänke. Aber in der Realität kennen Frauen diese Situationen aus ihrem Arbeitsalltag zur Genüge. In Sitzungen beten die Herren, am besten noch mit im Nacken verschränkten Armen, die Argumente des Vorredners nach oder wiederholen sich dreimal. Wer wichtig ist, redet viel: Locutus ergo sum – ich habe gesprochen, also bin ich. Was kann man da machen? Ohne sich wieder in Gender-Ideologien zu verheddern? Wir lassen Fortuna walten.
Eine Studie der Universität Zürich rät, Führungskräfte zufällig auszuwählen. Dann sind sie weniger überheblich, so die Forscher. Vorgesetzte, die nur durch ein Auswahlverfahren an die Spitze kommen, neigen zu Selbstüberhöhung, weil sie meinen, ihre grossartige Expertise unterscheide sie von den Konkurrenten. Sonst wären sie ja nicht da oben. Werden sie aber aus einem Pool von Fähigen ausgelost, sinkt die Profilneurose deutlich, da das Quäntchen Glück zur Chefposition beigetragen hat.
Dieses Losverfahren könnte man doch auch in grossen Gesprächsrunden anwenden. Zuerst melden sich alle, die zu bestimmten Agenda-Punkten etwas sagen wollen im Parlament oder anderen Gremien. Pro- und Kontra-Voten werden gewichtet, damit keine Seite ins Hintertreffen gerät. Dann entscheidet Fortuna mittels Los, wer aus den zwei Lagern reden darf. Damit ist die Redezeit gefüllt, losgelöst vom Gender-Mix. Das Zufallsprinzip ist neutral, gerecht oder ungerecht, wie man es sehen möchte. Wahrscheinlich braucht es dann noch eine psychotherapeutische Resilienz-Begleitung. Um den Frust zu verarbeiten, wenn man zum x-ten Mal das Los zieht: Niete – leider nicht gewonnen.
Riccarda Mecklenburg, Vorstand Verband Frauenunternehmen, Founder CrowdConsul.ch
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