Meine Jungs lieben Memes (ausgesprochen mims) wie so viele Jugendliche. Das sind in der Regel lustige Fotos, häufig mit Promis und einem schrägen Spruch dazu. Geteilt werden diese auf den angesagten Socialmedia-Kanälen. Manchmal schicken sie mir auch welche, die sie für «Mami-konform» halten. Schicke ich ihnen welche, lese ich meistens als Antwort: «kenn ich schon, ist uralt». Soviel zum innerfamiliären Kommunikations-Pingpong.

Kürzlich bekam ich ein Meme mit zwei herzigen kleinen blonden Mädchen in hellblauen Kleidchen, Kniestrümpfen, die Händchen hielten. Nur waren es keine Mädchen, sondern Donald Trump und Boris Johnson, die sich so unschuldig zusammen präsentierten. Das Meme kam komplett ohne frechen Spruch aus. Es erzählte auch so Bände.

Treuherzig wie die beiden dreinschauen, versinnbildlichen sie genau ihre Kommunikationsstrategie: Wir erzählen süsse Geschichten, die zwar nicht wahr sind, aber allen gefallen werden. «Make the UK the greatest Place on Earth» – klar doch. «Unbeugsamer Boris, Kämpfer gegen die EU» – grossartig. «No Deal Brexit» – ha, wir ziehen es unbeugsam durch. «Den Chinesen zeigen, wo Gott wohnt» – yeah Donald!

Wir erzählen unseren Kindern die Geschichte vom Rattenfänger von Hameln, in der Hoffnung, dass sie für ihr weiteres Leben kapieren, dass blindes Mitlaufen nur Verderben und Unglück bringt. Aber wir schaffen es selber nicht, Demagogen zu entzaubern. Jede Generation scheint ihr Debakel erleben zu müssen. Die Vietnamkriegsgeneration wurde mit falschen Versprechen in den Krieg gelockt. Den zweiten Irak-Krieg legitimierte die US-Regierung mit Lügenpropaganda und jetzt werden wieder Geschichten erzählt, in der die Realität geleugnet wird, aber Grösse und Stärke beschwört werden.

Boris gaukelt seinen Fans vor, dass ihr Land immer noch «Great Britannia» ist, wo man keine Partner und Verbündete braucht. Alle Warnungen von Experten verhallen ungehört. Denn die Geschichte von Glanz und Gloria ist zu schön.

Es ist immer dieselbe Leier: Wer schöne Geschichten erzählt und das, was die Menschen hören wollen, schart Massen um sich. Und selbst wenn diese Geschichten frei von jeder Vernunft und Wissen sind, werden sie geglaubt. Diese Wahrheit und der darauf folgende Katzenjammer sind bekannt und uralt.

Ich habe das Meme sofort weitergeschickt und entsprechend positive Smileys als Belohnung bekommen. Natürlich nicht von meinen Jungs. Da hiess es wieder nur: «Kenn ich schon. Ist uralt.» Sie haben so recht, meine schlauen Jungs.

Riccarda Mecklenburg, Founder CrowdConsul.ch